Als wir an diesem Tag den Stall betraten, rutschte uns erstmal das Herz in die Hose!
Der Stall war leer, die Kühe auf der Wiese – doch Dunja lag mitten im Stall auf dem blanken Betonboden und fraß etwas Heu.
Das war kein gutes Zeichen!

Ich lief zur Landwirtin und fragte nach, was denn mit Dunja los sei. Sie meinte, dass Dunja bald kalben würde und Milchfieber bekommen hatte, obwohl die Kühe sowas eigentlich eher nach der Geburt bekämen. Nun könne sie nicht aufstehen… 😯

Eigentlich war es noch ein paar Wochen bis zum eigentlichen Geburtstermin und Dunja hatte jetzt schon Milchfieber bekommen. Wir machten uns große Sorgen, dass sie überhaupt nicht mehr aufstehen könnte…

Dann fingen die Wehen an! Mit so einer plötzlichen Geburt hatte wohl keiner gerechnet.
Es dauerte eine Zeit, bis der Landwirt Dunjas Kälbchen „herausgezogen“ hatte. Dunja muhte ihrem Sohn zu und versuchte sich zu ihm umzudrehen, doch sie hatte keine Kraft in den Beinen… 🙁

Zera und ich rubbelten das süße, kleine Bullenkalb trocken und trugen es schweren Herzens weg von der Mutter in die Kälberbox. Er bekam von uns den Namen Diego.

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Foto: Dunjas Sohn Diego.

Der Landwirt fasste auch nochmal nach, meinte aber, dass kein weiteres Kälbchen mehr zu fühlen sei. Später kam die Tierärztin und gab Dunja, der es nach der erschöpfenden Geburt nicht so gut ging, Infusionen.
Dann fasste auch sie nochmal hinein – und ertastete ein weiteres Kälbchen, dass auch noch falschrum lag…

Ewig lange musste die TÄ in Dunja regelrecht herumwühlen, bis sie das Kälbchen halbwegs in eine richtige Lage gebracht hatte, wobei auch noch die Nachgeburt im Weg war. Ich beobachtete dieses Grauen wie durch einen Schleier und konnte gar nicht glauben, was meine arme Dunja da gerade für Qualen durchlitt.
Als die TÄ immer noch am arbeiten war (manchmal fühlte sie noch ein Reflex des Kälbchens, doch irgendwann war es wohl erstickt), fing der Landwirt auch noch lautstark an, über Dunja zu schimpfen. Was für ein dämliches Vieh sie doch sei, dass er am liebsten sein Gewehr holen würde usw.
Ich bebte vor Wut. Was konnte denn Dunja dafür, dass sie Milchfieber hatte und eine so schwere Geburt!? Ich sagte dann wohl etwas zu giftig „Es reicht!“, was ihn wohl noch mehr auf 180 brachte. Aber immerhin hörte das Geschimpfe auf.

Und irgendwann konnten sie das Kälbchen rausziehen, Dunja war total erschöpft und konnte gar nicht mehr richtig pressen. Zum Vorschein kam ein wunderhübsches, kleines Kuhkalb, dass fast weiß war und nur einige wenige Dalamtinerflecken im Gesicht und am Hals hatte. Doch es war leider tot… 🙁
Sie hatte einfach zu lange in der Gebärmutter gesteckt, ohne Luft zu bekommen.

Am Ende versuchten sie nochmal, Dunja zum Aufstehen zu bewegen, wobei sie einen verzweifelten Versuch unternahm und eine Gretsche machte.
Daraufhin meinte die TÄ, sie befürchtet, Dunja habe sich einein Bänderriss zugezogen. Mein Herz rutschte mir noch weiter in die Hose…

Wir deckten Dunja mit einer großen Decke ab, da sie warm gehalten werden musste und boten ihr noch Futter und Wasser an.
Als die TÄ ging, meinte sie noch, sie sollen sie zum Einschläfern rufen, wenn Dunja diese Nacht nicht mehr aufstünde…

Nachdem wir uns von Dunja und den anderen Kühen verabschiedet hatten, fuhren wir nach Hause. (Der Landwirt hat uns später auch nochmal angemeckert, weil ich es ja gewagt hatte, ihn anzufahren).

Zuhause konnte ich nur noch hoffen und beten, dass Dunja wieder aufstehen würde. Diese Nacht war die Schlimmste in meinem Leben…

Am nächsten Tag wollten wir dann so früh wie möglich zum Stall fahren – doch ein Notfall kam dazwischen: Zeras Ratte Cosma hatte schlimme Atemnot und wir mussten mit ihr zum Not-Tierarzt fahren, um sie einschläfern zu lassen. 🙁

Als wir später beim Stall ankamen, traute ich mich gar nicht auf den Hof oder in die Stallgasse zu schauen, da die Landwirte tote Kühe immer mit einer großen Plane abdeckten. Ich hatte echt Angst, so eine Plane mit Dunja darunter zu entdecken…
Doch auf dem Hof war nichts – und im Stall war auch nichts, keine Plane und keine einzige Kuh. Wo war Dunja? War sie tatsächlich auf der Wiese oder war sie tot und schon abgeholt worden!?

Mit klopfenden Herzen gingen wir zur Wiese und sahen weiter hinten die Kühe grasen. Und als wir näher herangingen, erkannte ich sie! Dunja stand grasend zwischen den anderen Kühen! 🙂

Freudestrahlend lief ich zu ihr und umarmte sie. Sie hatte es tatsächlich geschafft!
Natürlich war sie noch immer erschöpft und war auch sichtlich dünner – aber sie stand wieder.
Dunja legte sich dann irgendwann ins Gras und wir fuhren kurz nach Hause. Als wir am Nachmittag wiederkamen, lag Dunja immer noch an der gleichen Stelle, um sie herum Furchen, die zeigten, dass sie versucht hatte aufzustehen.

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Foto: Kranke Dunja

Auch als wir versuchten, sie hochzutreiben, konnte sie nicht aufstehen. 🙁
Zu allem Übel fing es auch noch an zu Regnen und wir deckten Dunja spärrlich mit unseren zwei Jacken ab.
Dann sagten wir der Landwirtin Bescheid, diese meinte dann, das die TÄ nochmal kommen würde, um Dunja nochmal Infusionen zu geben.

Nachdem wir uns dann wieder von Dunja verabschiedet hatten, folgte wieder eine Nacht des Grauens und der Ungewissheit, ob Dunja aufstehen konnte…

Am nächsten Tag fuhr ich alleine vor der Arbeit in den Stall. Als ich durch das Stall-Fenster lugte, sah ich Dunja allein im Stall stehen.
Sie sah natürlich krank und erschöpft aus und ließ die Ohren hängen, aber die Landwirtin meinte, sie würde sich wieder erholen.

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Foto: Dunja zwei Tage nach der Geburt.

Und das stimmte zum Glück: Nach ein paar Tagen (Dunja hatte zum Glück keine Probleme mehr beim Aufstehen), fraß sie wieder ganz normal (und gierig) ihr Futter und magerte auch nicht ab, wie beispielsweise Elsa nach ihrer Zwillingsgeburt. Auch ihrem süßen, kleinen Sohn ging es gut, auch wenn er im Gegensatz zu den anderen Kälbern viel kleiner war.

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Foto: Der süße Diego.

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Foto: Diego (vorne) neben Annas Tochter Alfa (geboren am 11.05.2007).

Normalerweise sind Zwillingsgeburten bei Kühen selten und ich hatte auch noch von keiner gehört, seit ich seit dem Jahr 2000 mit Zera auf den Hof ging. Aber im Jahr 2006 bekam erst Elsa Zwillinge, dann Dunja und schließlich noch Mona.

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Foto: Elsas Zwillingskälber.

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Foto: Monas Bullenkalb. (Zwillingsgeburt)

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Foto: Monas Kuhkalb (links, Zwillingsgeburt), neben Rosis Bullenkalb.

Für Dunjas Sohn suchten wir dann verzweifelt einen Platz auf einem Gnadenhof, doch keiner hatte Platz oder Geld für ein kleines Bullenkalb. 🙁
Und so kamen wir eines Tages wieder in den Stall und der kleine Diego war fort… 😥

Die letzten Fotos von Diego…
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Dunja erholte sich zum Glück langsam wieder, auch wenn sie nun etwas eingefallen war.

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Hier ein Foto von Dunja, als sie noch mit den Zwillingskälbern tragend war:

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Und obwohl sie schließlich nach der Geburt den ganzen Sommer über zusammen mit Aslan, dem Jungbullen auf der Wiese stand, ist Dunja nicht noch einmal trächtig geworden. Zum Glück, denn wer weiß ob sie noch eine Geburt überstanden hätte.
Nun konnten wir sie endlich – zusammen mit Anna, Amigo und Milo – kaufen und sie so vor dem Schlachten bewahren.

(c) Fotos: Zera, Dunni
(c) Text: Dunni